Das neue Insolvenzrecht
Sanieren statt zerschlagen!

(September 2010)

Seit 1. Juli 2010 gilt in Österreich eine Insolvenzordnung, die das bisherige Konkurs- und Ausgleichsrecht ersetzt. Alle ab diesem Zeitpunkt eröffneten Verfahren werden schon nach den neuen Regelungen behandelt.

Die Idee des Gesetzgebers war jene, die Vorteile des bislang kaum genutzten Ausgleichsrechtes mit den Regelungen des Konkursrechtes zu verknüpfen und der Sanierung gegenüber der Zerschlagung den Vorrang einzuräumen.

Es gibt nun in der Insolvenzordnung zwei verschiedene Verfahren, ein Sanierungsverfahren und ein Konkursverfahren. Der Unterschied liegt darin, dass ein Sanierungsverfahren eingeleitet wird, wenn der Schuldner rechtzeitig einen Sanierungsplan vorlegt und dieser Plan von den Gläubigern innerhalb von 90 Tagen angenommen wird. Die dafür erforderliche Mehrheit bestimmt sich nur mehr nach der Anzahl UND der Kapitalmehrheit der bei der Tagsatzung anwesenden Insolvenzgläubiger. Während des Sanierungsverfahrens behält der Schuldner die Eigenverwaltung des Unternehmens, wenn er eine Quote von mindestens 30.%, zahlbar innerhalb von zwei Jahren, anbietet. Er wird dabei von einem Sanierungsverwalter lediglich beaufsichtigt und begleitet.
Wenn sich laut Sanierungsplan nur eine Quote zwischen 20 und 30% ausgeht, dann kommt es zur Fremdverwaltung durch den Sanierungsverwalter. Unter 20%, ebenfalls zahlbar innerhalb von zwei Jahren, bleibt es beim Konkursverfahren.

Der Sanierungsplan hat ein Vermögens- und Schuldenverzeichnis, einen Finanzplan für die nächsten 90 Tage sowie eine Liste der Gläubiger zu enthalten.

Anders als bisher enden Dauerschuldverhältnisse (Miete, Pacht, Bezugsverträge etc.) nicht automatisch mit Konkurseröffnung, sondern bleiben bestehen, wenn die Vertragsauflösung die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte. Das wird wohl regelmäßig der Fall sein, denken sie nur an die Bierbezugsverträge in der Gastronomie, deren Beendigung üblicherweise das Ende des Unternehmens bedeutet. Eine Auflösung ist innerhalb von sechs Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur möglich, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Der Zahlungsverzug vor Insolvenzeröffnung und die Insolvenzeröffnung selbst gelten nicht als wichtiger Grund. Zu beachten ist, dass diese Regelung auch für alle bestehenden Mietverhältnisse gilt. Anderslautende Regelungen im Mietvertrag sind damit ungültig!

Ausgenommen von diesen Auflösungsbeschränkungen sind Arbeitsverträge und Kreditverträge. Ferner gilt die Beschränkung auch dann nicht, wenn die Fortsetzung des Vertrages dem Vertragspartner schwere persönliche oder wirtschaftliche Nachteile bringen würde.
Etliche Insolvenzverfahren sind bei Kapitalgesellschaften in der Vergangenheit deshalb gescheitert, weil die Verpflichtung zur Erlegung des Kostenvorschusses (dieser beträgt nach wie vor EUR 4.000,-) die Gesellschaft selbst bzw. deren Geschäftsführer traf. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit derselben war die Aufbringung dieses Betrages oft genug unmöglich, weshalb eine ordnungsgemäße Abwicklung des Verfahrens scheiterte und der Konkursantrag mangels Masse abgewiesen werden musste. Nunmehr können auch Gesellschafter mit einem Anteil von mehr als 50.% zum Erlag des Kostenvorschusses herangezogen werden.

Für den Fall, dass trotz aller Bemühungen ein Insolvenzverfahren scheitert, oder das Verfahren mangels Masse doch nicht eingeleitet wird, erfolgt eine entsprechende Eintragung der Zahlungsunfähigkeit im Insolvenzregister. Damit soll es den Schuldnern, die die Hürde des Insolvenzverfahrens nicht genommen haben, erschwert werden, weiterhin Schulden zu machen.
Damit das aber auch zum Erfolg führt, sollte die Insolvenzdatei bei neuen Geschäftspartnern grundsätzlich immer befragt werden. Die Streichung aus der Insolvenzdatei ist übrigens auch möglich: nämlich dann, wenn der Schuldner den Sanierungsplan vollständig erfüllt hat. Damit soll wohl eine künftige Beeinträchtigung im Geschäftsleben hintangehalten werden. Solange aber die in der Praxis verbreiteten Listen der österreichischen Banken (einmal Konkurs, nie wieder Kredit) nach wie vor geführt werden, wird dies ein frommer Wunsch bleiben.


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