Achtung: AVRAG! Die Behandlung von Dienstverhältnissen bei Unternehmensübertragungen

(Dezember 2004)

AVRAG - eine hässliche Abkürzung für ein brisantes Gesetz, nämlich das Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz, das anlässlich unseres EU-Beitritts entstanden ist. Neben harmlosen Regelungen, wie die Pflicht dem Arbeitnehmer einen Dienstzettel auszufolgen, wird darin sehr genau geregelt, was mit Dienstverhältnissen bei Unternehmensübertragungen, also z.B. Verkäufen, zu geschehen hat.

Für den Fall, dass ein Unternehmen, ein Betrieb oder ein Betriebsteil von einem Arbeitgeber (Veräußerer) auf einen anderen Arbeitgeber (Erwerber) übergeht, ist vorgesehen, dass der neue Inhaber als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeits- und Lehrverhältnisse eintreten muss.

Dieser automatische Übergang bewirkt, dass alle dienstzeitabhängigen Ansprüche wie Abfertigung, Pension, Urlaub, Kündigungsfrist, etc. auf den neuen Inhaber übergehen.

Falls von Veräußerer oder Erwerber eine andere Regelung gewünscht ist, ist äußerste Vorsicht geboten. In diesem Gesetz ist zwar kein ausdrückliches Kündigungsverbot enthalten, dennoch ist davon auszugehen, dass der Betriebsübergang als "verpöntes" Kündigungsmotiv anzusehen ist.

Was hat das zu bedeuten? Ein Dienstnehmer, der aus Anlass einer Betriebübertragung gekündigt wurde, kann durch das Gericht die Rechtsunwirksamkeit feststellen lassen. Kündigungen die nicht übergangsbedingt, sondern betriebsbedingt ausgesprochen wurden sind davon nicht betroffen. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn der Kündigungsgrund im Verhalten des Arbeitnehmers gelegen wäre. Der Beweis ist aber auf jeden Fall schwierig und mühsam.

Was ist also in diesen Fällen zu raten? Wie so oft hilft Offenheit und Einvernehmen herstellen. Im Falle von Betriebsübertragungen ist häufig die Beendigung des Dienstverhältnisses durch den Veräußerer auch von den Dienstnehmern gewünscht. Eine einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses anlässlich des Betriebsüberganges ist zulässig, da es einem Arbeitnehmer freisteht, auf Schutzbestimmungen zu verzichten, da er nicht gezwungen werden kann für einen Arbeitnehmer zu arbeiten, den er nicht kennt. Statt einer Kündigung ist also in diesen Fällen zu raten eine einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses zu erwirken.
Ganz verteufeln sollte man den automatischen Übergang von Dienstverhältnissen aber auch nicht. Dadurch ist es möglich, wertvolle, gut eingeschulte Mitarbeiter auf einen Nachfolger zu übertragen. Allerdings darf dieser die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich verschlechtern. Trifft das nämlich zu, haben die Dienstnehmer das Recht, das Arbeitsverhältnis zu lösen. In diesem Fall stehen dem Arbeitnehmer alle Ansprüche wie bei einer Arbeitgeberkündigung zu.

Noch etwas sehr Wesentliches sollte man bei Betriebsübertragungen beachten: Ab dem Übergang haften sowohl der Erwerber des Unternehmens als auch der Veräußerer, also der bisherige Arbeitgeber, für die Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis, welche bis zum Zeitpunkt des Überganges entstanden sind, zur ungeteilten Hand. Im Klartext bedeutet das: Wenn der Erwerber insolvent wird, können die übertragenen Dienstnehmer den Veräußerer in Anspruch nehmen. Als Unternehmer ist man also auch im Ruhestand vor unangenehmen Überraschungen nicht gefeit.


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