ACHTUNG! Totale USt-Änderung für Bauleistungen ab 1. Oktober 2002

(September 2002)

Zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetruges wird das Umsatzsteuersystem bei sogenannten "Bauleistungen" komplett geändert und diesbezüglich das reverse-charge-System (Übergang der Steuerschuld) eingeführt.


Das neue System



Wenn ein Unternehmer ab 1. Oktober 2002 sogenannte Bauleistungen ausführt und der Kunde ein Unternehmer ist, der
• entweder selbst üblicherweise Bauleistungen erbringt, oder der
• von einem Dritten mit der Erbringung dieser Bauleistungen beauftragt worden ist,
dann geht die Steuerschuld vom leistenden Unternehmer auf den Kunden über.

Dies bedeutet, dass
• der leistende Unternehmer ohne Umsatzsteuer fakturiert (und daher auch keine USt abführt).
• der Kunde
- die auf ihn übergehende Steuerschuld selbst zu berechnen und in seine UVA aufzunehmen hat,
- gleichzeitig aber zum Vorsteuerabzug in der selben Höhe berechtigt ist.
Insoweit der Kunde vorsteuerabzugsberechtigt ist, kommt es somit zu keiner Zahllast, es sind lediglich entsprechende Aufzeichnungs- und Meldepflichten zu beachten.

Wer ist davon betroffen?



Im allgemeinen betroffen sind somit Unternehmen des Bau- und Baunebengewerbes.
• Der Kunde (Leistungsempfänger) ist ein Unternehmer, der selbst üblicherweise Bauleistungen erbringt. In diesem Fall kommt es immer zum Übergang der Steuerschuld, auch wenn der Kunde die Leistung für den "Eigenbedarf" bezieht (z.B. Baumeister beauftragt Dachdecker mit der Erneuerung des Daches für die Lagerhalle). Unternehmer, die selbst üblicherweise Bauleistungen erbringen (bei denen sie zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit gehören) sind z.B. Bauunternehmer, Installateure, Elektriker, Dachdecker, Maler und Anstreicher.
• Ist der Kunde kein solcher Unternehmer, aber seinerseits von einem Dritten mit der Erbringung einer Bauleistung beauftragt, kommt es ebenfalls zum Übergang der Steuerschuld. Da dies u.U. schwer zu erkennen ist, ist dieser Kunde nun verpflichtet, den leistenden Unternehmer auf diesen Umstand hinzuweisen! D.h., dieser Generalunternehmer muss seine Subunternehmer über diese Funktion aufklären Generalunternehmerbescheinigung).

Nicht betroffen sind somit
• die Erbringung von Bauleistungen an Private und
• an Unternehmer, die erste Auftraggeber sind und selbst nicht üblicherweise Bauleistungen erbringen.

Was sind Bauleistungen?



Dieser Begriff wird vom Gesetzgeber äußerst weit gefasst.

Man versteht darunter
• alle Leistungen, die der Herstellung, Änderung, Instandhaltung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
• Dazu zählen auch fest verbundene Bestandteile (z.B. Fenster, Türen, Bodenbeläge, Heizungsanlagen) und fest verbundene Einrichtungsgegenstände (z.B. Schaufensteranlagen, Ladeneinbauten, Wandvertäfelungen, Einbaumöbel, etc.).
• Auch die Arbeitskräfteüberlassung fällt darunter, wenn diese solche Leistungen zum Gegenstand hat.

Die Annahme einer Bauleistung setzt allerdings stets voraus, dass sie sich unmittelbar auf die Substanz des Bauwerks auswirken.

Keine Bauleistungen sind hingegen
• ausschließlich planerische Leistungen.
• Reinigungsdienste.
• Wartungsarbeiten, solange nicht Teile verändert, bearbeitet oder ausgetauscht werden (z.B. Entlüftung von Heizungsanlagen, Wartung (aber nicht Reparatur) von Aufzugs- und Klimaanlagen).
• Abholung und Entsorgung von Bauschutt (ohne Abbrucharbeiten).
• Vermietung von Baugeräten (Kräne, Gerüste, etc.).
• Materiallieferungen (ohne Einbau).
• Lieferung von Asphalt und Schotter, solange dieser nur auf der Baustelle abgeladen wird.
• Lieferung von Fertigbeton samt Abpumpen auf der Baustelle.

In Zweifelsfällen (aber nur in solchen) können der leistende Unternehmer und der Kunde einvernehmlich davon ausgehen, dass eine solche Bauleistung vorliegt. Nicht zulässig ist aber, einvernehmlich das Nichtvorliegen einer solchen Leistung anzunehmen!
Eine detaillierte Liste der Bauleistungen soll seitens des BMF in Kürze veröffentlicht werden.

Rechnungsausstellung, Aufzeichnungs- u. Meldepflichten



Im Falle des Übergangs der Steuerschuld ist bei der Rechnungsausstellung folgendes zu beachten
• In der Rechnung darf keine USt ausgewiesen werden (Prinzip der Nettorechnung),
andernfalls muss der leistende Unternehmer die USt abführen, ohne dass dem Kunden der Vorsteuerabzug zusteht!
• In der Rechnung muss auf den Übergang der Steuerschuld hingewiesen werden.
z.B. "Steuerschuld geht gem. ? 19 (1a) UStG auf den Leistungsempfänger über."
• In der Rechnung muss die Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID-Nr.) des Kunden angeführt werden.

Der leistende Unternehmer hat diese Umsätze in seiner Buchhaltung gesondert aufzuzeichnen
(-> eigenes Erlöskonto); diese sind aber nicht in die monatliche UVA aufzunehmen !

Der Kunde hat die Entgelte für Bauleistungen, bei denen die Steuerschuld auf ihn übergeht, getrennt nach Steuersätzen sowie die sich daraus ergebenden Umsatzsteuer- und Vorsteuerbeträge aufzuzeichnen und in den mtl. UVAs jeweils gesondert anzuführen. In aller Regel wird dies durch das Buchhaltungsprogramm (sofern der entsprechende Code eingegeben wird) automatisch erledigt werden.

Welche Probleme (Fallen) lauern und worauf Sie besonders achten sollten:


• Die ungerechtfertigte Verrechnung mit Umsatzsteuer wurde bereits angesprochen.
• Die ungerechtfertigte Verrechnung ohne Umsatzsteuer führt dazu, dass der leistende Unternehmer diese schuldet und nachträglich an das Finanzamt abführen muss. Im Zweifel sollte daher die Umsatzsteuer verrechnet werden, diesfalls ist aber der Interessenkonflikt mit dem Kunden vorprogrammiert.
• Es ist unklar, ob die Steuerschuld übergeht. Grundsätzlich sollte man bei dieser Frage in Anbetracht der möglichen negativen steuerlichen Konsequenzen äußerst sorgfältig vorgehen.
Liegt eine Bauleistung vor (im Zweifelsfall sollte einvernehmlich vom Vorliegen einer solchen ausgegangen werden – s.o.), ist somit
- vorerst abzuklären, ob der Kunde selbst üblicherweise Bauleistungen erbringt.
- Ist dies nicht der Fall, ist noch abzuklären, ob der Kunde seinerseits (ausnahmsweise) mit der Erbringung einer Bauleistung beauftragt worden ist.
Diesfalls wäre die schon angesprochene Generalunternehmerbescheinigung zu verlangen. Die ist zwar formfrei, man sollte aber unbedingt auf Schriftform bestehen; sie kann auch in der Auftragsbestätigung selbst enthalten sein.

Achtung:
Eine zu unrecht erteilte Generalunternehmerbescheinigung führt zu keinem
Vertrauensschutz! D.h., es kommt diesfalls nicht zum Übergang der Steuerschuld, die zu unrecht nicht verrechnete Umsatzsteuer wird vom Kunden und vom leistenden Unternehmer solidarisch geschuldet.

Grundvoraussetzung für den Übergang der Steuerschuld ist stets, dass der Kunde Unternehmer ist (also kein Privater). Der leistende Unternehmer ist verpflichtet, die Unternehmereigenschaft des Kunden dem Finanzamt auf Verlangen nachzuweisen. Den einzigen schlüssigen Nachweis stellt die Umsatzsteueridentifikationsnummer (UID-Nr.) des Kunden dar. Daher ist es in diesen Fällen immer erforderlich diese einzuholen und auch zu überprüfen. Ohne Vorliegen einer solchen sollte nur mit Umsatzsteuer fakturiert werden.


Ab wann gelten die neuen Bestimmungen? - Übergangsbestimmungen



Grundsätzlich sind die neuen Bestimmungen auf alle Bauleistungen anzuwenden, die ab dem 1. Oktober 2002 erbracht werden.

Werden die Bauleistungen vorher erbracht, aber erst nach dem 30. September 2002 fakturiert, kommen die neuen Regelungen daher nicht zur Anwendung.
Bis 30. September 2002 gegen entsprechende Rechnungen geleistete Anzahlungen sind, soferne die Bauleistungen erst danach erbracht werden, in der Schlussrechnung (diese wird ohne USt ausgestellt), nur mit ihrem Nettobetrag offen abzusetzen. Die bis 30. September 2002 erfolgte Versteuerung ist daher nicht rückgängig zu machen. Lediglich vor dem
30. September 2002 ausgestellte Anzahlungsrechnungen, die erst danach bezahlt werden, sind zu berichtigen.

Ganz zum Schluss sei noch angemerkt, dass die erforderliche EU-Genehmigung für die Neuregelung noch ausständig ist, aber sicher erteilt werden wird.


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