Der Weg in die Selbständigkeit

(Mai 2019)

"Dieser Weg wird kein leichter sein, dieser Weg wird steinig und schwer", singt Xavier Naidoo. Keine Sorge, das trifft sicher nicht auf den Weg in die Selbständigkeit zu, wenn man vorher die notwendigen Informationen einholt.

Für Einkommensteuerpflicht und damit die Pflicht zur Abgabe von Einkommensteuer-erklärungen ist es nicht notwendig eine eigene Ordination zu haben. Hat man neben einem Dienstverhältnis im Spital Einkünfte aus Sonderklassegeldern, Vertretungshonorare oder macht Gutachten oder ähnliches ist man ebenfalls selbständig tätig und hat diese Einkünfte zu versteuern. Sie werden durch eine Einnahmen /Ausgaben Rechnung ermittelt. Junge Ärzte sind bei einem Erstgespräch immer angenehm überrascht, was sie alles als Betriebsausgabe abziehen können. Arbeitskleidung, Computer, Büromaterial, Fortbildung, Fachliteratur, KM-Gelder seien hier nur beispielhaft erwähnt. Dazu ist es natürlich notwendig, die Belege gesammelt zu haben. Daneben gibt es auch die alternative Möglichkeit von seinen Einnahmen 12 % als pauschale Betriebsausgaben abzuziehen.

Bei der Neuerrichtung einer Praxis oder bei der Übergabe einer Ordination ist man mit einer Reihe von rechtlichen und wirtschaftlichen Themen konfrontiert. Es empfiehlt sich eine Planung bezüglich sämtlicher zu erwartenden Ausgaben und Einnahmen zu erstellen, von der dann auch die Nachzahlungen an Steuer und Versicherungen abgeleitet werden kann.

Eine Einzelpraxis ist wirtschaftlich ein Einzelunternehmen. Berufsrechtlich dürfen im Bundesgebiet maximal zwei Einzelpraxen geführt werden.

Wer eine Einzelordination betreibt ist - nomen est omen - auch ein Einzelkämpfer. Immer beliebter werden daher in den letzten Jahren Gemeinschaftspraxen, auch Ordinations- bzw. Apparategemeinschaft genannt. Dieser Begriff darf jedoch nicht mit der Gruppenpraxis verwechselt werden. Bei Gemeinschaftspraxen nutzen Ärzte Räumlichkeiten, Personal oder Apparate gemeinsam und können dadurch erhebliche Kostenvorteile lukrieren. Trotzdem bleibt jeder Arzt wirtschaftlich unabhängig.

Davon zu unterscheiden ist die bereits erwähnte Gruppenpraxis. Sie können in der Rechtsform einer Offenen Gesellschaft (OG) oder einer GmbH gegründet werden.

Bei einer OG gehört das gesamte Gesellschaftsvermögen inklusive des Praxiswertes anteilig den beteiligten Ärzten. Der Gewinn wird einheitlich ermittelt und ist auf die einzelnen Gesellschafter aufzuteilen.

Bei einer Ärzte-GmbH Gruppenpraxis dürfen nur zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Ärzte Gesellschafter werden. Jeder Gesellschafter ist zur persönlichen Berufsausübung in der Gesellschaft verpflichtet. Steuerlich betrachtet ist die GmbH das Steuersubjekt und nicht die einzelnen Gesellschafter. Die GmbH unterliegt der Körperschaftssteuer in der Höhe von 25%. Bei einer Ausschüttung an die Gesellschafter ist zusätzlich eine 27,5 %-ige Kapitalertragssteuer abzuliefern, so dass sich eine Gesamtbelastung von 45,6% ergibt.
Vor der Wahl der Rechtsform sind viele Kriterien zu beachten. Steuerliche Aspekte spielen natürlich eine große Rolle. Tendenziell lässt sich sagen, je größer der zu erwartende Gewinn, desto eher wird sich eine GmbH auszahlen.

Ärzte dürfen aus berufsrechtlichen Gründen keine anderen Ärzte in einem Dienstverhältnis beschäftigen. Das gilt auch für die Gruppenpraxis. Wie es scheint könnte sich das bald ändern.
Obwohl man in letzter Zeit über die Gruppenpraxis viel hört und liest hält sich bisher ihre Anzahl in Grenzen. Der Grund ist das Bedarfsprüfungssystem durch die regionale Ärztekammer und die regionale Gebietskrankenkasse. Als sogenannte freie Gründung kann eine Gruppenpraxis nur außerhalb des Leistungsspektrums der Krankenkassen, also z.B. für ästhetische Medizin, gegründet werden.


Drum prüfe wer sich ewig bindet...

Gemeinschafts- und Gruppenpraxen gewinnen immer mehr an Bedeutung. Eine Vielzahl von Hard-Facts sind dabei zu erwägen und zu prüfen. Die Wahl der Rechtsform, die steuerrechtlichen Auswirkungen, berufsrechtliche Vorschriften und vieles mehr kommen auf die Mitglieder zu. Alles ist unheimlich wichtig und von großer Bedeutung. Auf eines wird allerdings fast immer vergessen, auf die Soft-Facts, den menschlichen Aspekt. Es sind in Zukunft Menschen mit unterschiedlichen Charakteren aneinander gebunden.
Praxisgründer unterliegen einer gewissen Euphorie wodurch dieser Aspekt, nach dem Motto, wir werden uns immer verstehen, ausgeblendet wird. Jeder Gesellschafter hat jedoch seine eigenen Erwartungen an die Zukunft. Erwartungen wie der Kollege sich im Arbeitsalltag verhalten wird, Erwartungen wie eventuelle Probleme gelöst werden und Erwartungen wie die Organisation läuft.

Mit anderen Worten: Erwartungen sind einseitige Verträge von denen die anderen nichts wissen!

Werden diese Erwartungen enttäuscht, sind Konflikte vorprogrammiert. Es kracht zwischen den Gesellschaftern und statt der einstigen Euphorie machen sich Enttäuschung und Wut breit. Stress und hohe Konfliktkosten sind die Folge.

Das muss aber nicht so sein. Wir als ausgebildete Wirtschaftsmediatoren können mit den zukünftigen Gesellschaftern nützliche Strukturen und Sicherheitsnetzte erarbeiten, die der Konfliktprävention dienen. Es zahlt sich in vielerlei Hinsicht aus. Sprechen sie uns darauf an, wenn sie Interesse haben.


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